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Die Stadt am Strome – Blaue Infrastruktur in Wien

Wiener Wald, Prater oder Baumscheiben, jede Form der Begrünung ist essenziell für die Bewohner*innen von Städten. Sie sind Erholungsraum für Menschen, Lebensraum für viele Tiere und wirken gleichzeitig gegen die Überhitzung im Sommer. Allerdings ist Grün nicht die einzig relevante Farbe, die in der Stadtplanung aufgegriffen werden sollte. Neuerdings wird, neben Grünraum, auch die „blaue Infrastruktur“ immer wichtiger.


Die blaue Infrastruktur

Dabei handelt es sich um Orte, an denen Wasser vorhanden ist, was zur Qualität der Umgebung beiträgt. Wir sprechen von natürlichen Seen, Flüssen und Bächen, oder von künstlichen Wasserquellen, wie Springbrunnen, Teichen oder Schwimmbädern. Genauso wie Grünraum, kann blaue Infrastruktur Möglichkeiten zur Erholung, zum Sport oder für soziale Interaktion bieten.

Gewässer schaffen somit nicht nur eine verbesserte Lebensqualität, sondern wirken sich durch ihre Nutzung positiv auf die physische und mentale Gesundheit von Menschen aus.
Die Grün-blaue Infrastruktur war vor allem während der Covid-19 Pandemien eine gesundheitsfördernde Ressource, da viele Freizeit- und Erholungsangebote nicht verfügbar waren. Das Besondere an grün-blauer Infrastruktur ist, dass diese, im Vergleich zu anderen Erholungsoptionen, nicht zwangsläufig aktiv genutzt werden muss, um ihre gesundheitsförderlichen Effekte zu entfalten.

Flüsse werden aufgrund ihrer gesundheitsförderlichen Wirkungen auch als therapeutische Umgebungen bezeichnet.

Bereits das Betrachten von Wasser oder das sanfte Rauschen eines Baches wirkt sich positiv auf die Betrachter*in aus.


Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Menschen, die näher an blauer Infrastruktur leben, gesünder und glücklicher sind (z.B. Liu et al., 2022; Murrin et al., 2023). Die größte Auswirkung auf das mentale Wohlbefinden scheint dabei aber das Meer zu haben.
Was bedeutet dies nun für Binnenländer wie Österreich, die keinen Zugang zum Meer haben? Und wie wirken sich unterschiedliche Gewässer auf den Menschen aus?

Der Wert von urbanen Gewässern

In Europa hat nicht jedes Land Zugang zum Meer, weshalb stadtnahe Flüsse einen hohen Wert für europäische Städte haben. Allein an der Donau liegen vier Hauptstädte – wobei der Schriftsteller Friedrich Torberg klarstellte: „Wien liegt am Donaukanal und nicht an der Donau“. Die Infrastruktur der innerstädtischen Bezirke unterscheidet sich stark von der in den Außenbezirken und das betrifft nicht nur die Zu-Fuß-Geh-Infrastruktur, sondern auch die Blaue Infrastruktur. Flüsse können nämlich unterschiedliche Formen annehmen: in Wien gibt es z.B. den Hauptarm der Donau, die Alte Donau, die Neue Donau, den Donaukanal und selbst das Mühlwasser entspringt schlussendlich dem Donauwasser. Die Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Wasserflächen ist somit essenziell für die Stadtentwicklung. Urbane Gewässer bieten nämlich andere Vorteile im Vergleich zu ländlichen Wasserflächen. Urbane Flüsse sind soziale Treffpunkte und wirken auch den negativen Auswirkungen der Urbanisierung entgegen, wie zum Beispiel der Anonymität der Großstadt, aber auch der Überhitzung und dem Hochwasserrisiko. Ein Nachteil ist, dass sie manchmal als schmutzig oder gefährlich empfunden werden (Pitt, 2018). Dies, und der Effekt, dass ländliche Flüsse meist auch überwachsene Ufer mit mehr Pflanzen und Bäumen aufweisen, führt dazu, dass ländliche Wasserflächen laut Forschung stärkere positive Einflüsse auf das Wohlbefinden aufweisen als urbane Gewässer (siehe z.B. Garrett et al., 2023). Eine reflektierte Stadtentwicklung kann diesem Umstand jedoch mit gezielten Maßnahmen entgegenwirken.

Der Donaukanal: 17,3km an Potentialen

In der Nähe von Wasserflächen treffen viele unterschiedliche Menschen aufeinander. Ein gutes Miteinander ist deshalb besonders wichtig.

Wien ist eine einzigartige Stadt, was die blaue Infrastruktur betrifft. Die Lösungen der Stadt bezüglich der Hochwasserprävention stoßen sogar auf internationales Interesse. Der Meeresspiegel steigt konstant, wodurch klimafitte Flutprävention immer wichtiger wird. Während EU-Projekte wie LIFE DICCA die Donauinsel im Fokus haben, hat die STADTpsychologie eine lange Geschichte mit dem Donaukanal. So haben wir beispielsweise bereits im Jahre 2007 die Erstellung eines Masterplan Donaukanal im Dialog mit der Politik und der Bevölkerung, begleitet. In diesem Zug führten wir eine umfassende Studie durch, welche die Beziehung von Menschen zum Donaukanal erfasste und die Ergebnisse zeigten, wie wichtig diese Freizeitoase mitten in der Stadt für die Nutzer*innen ist. Der Donaukanal ist ein Public Liquid Place, sozusagen ein flüssiger öffentlicher Raum und bietet diverse Nutzungsmöglichkeiten. Sport treiben, sich entspannen, Freunde treffen und sich die Stadt aneignen, das alles ist möglich. Aus diesem Grund nennen auch viele verschiedene soziale Gruppen den Donaukanal ihr Zuhause, so der Schwimmverein Donaukanal, oder auch die lokale Graffiti-Community. Bei der Aktion „Malen am Kanal“ konnten dann auch Kindergarten- und Schulkinder den Pinsel schwingen und die Umgebung Donaukanal künstlerisch gestalten, beleben und sich aneignen. Ein gutes Miteinander ist essentiell bei so vielen Interessensgruppen. Aus diesem Gedanken entstand schlißelich das Projekt „Fairness Zone Donaukanal“, das auf ein konfliktfreies Zusammenleben aufmerksam machte. Die blauen Bodenmarkierungen, die damals beim Projekt entstanden sind, lassen sich inzwischen sogar an anderen Orten, wie etwa bei der alten Donau, entdecken.


Fluss der Zeit: Der Donaukanal wird auch in der Zukunft eine bedeutende Freizeitoase bleiben.

Wie sieht die Zukunft des Donaukanals aus? Im Masterplan Donaukanal sind diverse Ermöglichungsräume festgehalten. Diese sind als „nutzungsoffene Bereiche, die gemeinsam mit der Bevölkerung zu gestalten und zu beleben sind“ definiert. Während viele Aspekte von Wiens blauer Infrastruktur bereits vor langer Zeit geplant und gebaut wurden, lassen sich viele Gegebenheiten auch heute noch verbessern, denn genauso wie ein Fluss, steht auch eine Stadt niemals still. Durch Partizipation lassen sich die urbanen Flüsse, an denen viele Städte situiert sind, gestalten und anpassen – die Qualität von flüssigen öffentlichen Plätzen wird gesteigert und die Gesundheit sowie das Wohlbefinden der Bevölkerung wird verbessert.

Fotos: ©STADTpsychologie



Weiterführende Links:


Literatur:

Ehmayer, C. (2014): Die Aktivierende Stadtdiagnose als eine besondere Form der Organisationsdiagnose: Ein umwelt- und gemeindepsychologischer Beitrag für eine nachhaltige Stadt- und Gemeindeentwicklung. Hamburg: disserta

Aylward, B., Bandyopadhyay, J., Belausteguigotia, J. C., Borkey, P., Cassar, A. Z., Meadors, L., … & Bauer, C. (2005). Freshwater ecosystem services. Ecosystems and human well-being: policy responses, 3, 213-256.

Garrett, J. K., White, M. P., Elliott, L. R., Grellier, J., Bell, S., Bratman, G. N., … & Fleming, L. E. (2023). Applying an ecosystem services framework on nature and mental health to recreational blue space visits across 18 countries. Scientific Reports, 13(1), Article e2209. https://doi.org/10.1038/s41598-023-28544-w

Jo, T., Sato, M., Minamoto, T., & Ushimaru, A. (2022). Valuing the cultural services from urban blue‐space ecosystems in Japanese megacities during the COVID‐19 pandemic. People and Nature, 4(5), 1176-1189. https://doi.org/10.1002/pan3.10366

Liu, F., Liu, P., Kang, J., Meng, ., Wu, Y., & Yang, D. (2022). Relationships between landscape characteristics and the restorative quality of soundscapes in urban blue spaces. Applied Acoustics, 189, Article e108600

Murrin, E., Taylor, N., Peralta, L., Dudley, D., Cotton, W., & White, R. L. (2023). Does physical activity mediate the associations between blue space and mental health? A cross-sectional study in Australia. BMC Public Health, 23(1), 1-9. https://doi.org/10.1186/s12889-023-15101-3

Pitt, H. (2018). Muddying the waters: What urban waterways reveal about bluespaces and wellbeing. Geoforum, 92, 161-170. https://doi.org/10.1016/j.geoforum.2018.04.014

Vitale, V., Martin, L., White, M. P., Elliott, L. R., Wyles, K. J., Browning, M. H., … & Fleming, L. E. (2022). Mechanisms underlying childhood exposure to blue spaces and adult subjective well-being: An 18-country analysis. Journal of Environmental Psychology, 84, Article e101876. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2022.101876

 

One Comment

  • Rainer Kirmse , Altenburg

    WASSER IST LEBEN

    Im Wasser einst alles begann,
    ohne Wasser endet’s irgendwann.
    Die Stadt ist uns lieb und teuer,
    doch zu heiß wird’s im Gemäuer;
    wenn Sonne scheint ohn‘ Unterlass,
    und weit und breit kein kühles Nass.

    Ist das Wetter oder Klima?
    So fragen schwitzende Städter.
    Der Beton wirkt hier als Therme,
    heizt sich auf und speichert Wärme.

    Für Gesundheit und Wohlergeh’n,
    lasset steh’n Bäume und Alleen.
    An allen Straßen soll es blüh’n,
    unsere Städte brauchen Grün.

    Wetter ist himmlische Wahrheit;
    der Wetterbericht bringt Klarheit
    mit der Isobarenkarte,
    Heiligtum der Wettersparte.

    Ob im Osten oder Westen,
    das Wetter ist nicht vom Besten.
    Im Winter fehlen Schnee und Eis,
    der Sommer trocken und zu heiß.

    Azorenhoch und Islandtief,
    der Wettergott treibt’s intensiv.
    Die Omega-Wetterlage
    macht Sommertage zur Plage.

    Ob nun Wetter oder Klima,
    öfters mal Regen wär‘ prima.
    Wasser ist unser Lebensquell,
    ein Elixier und Tonikum;
    für Blut und Kreislauf essentiell,
    gehen wir sparsam damit um.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

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