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Vielseitig vernetzt macht Menschen glücklich!

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Der Kontakt zu Mitmenschen hat positive Wirkungen. Er macht gesünder und glücklicher. Dabei zählen nicht nur enge, sondern auch lockere Beziehungen. Warum soziale Netzwerke so wertvoll sind und was sie mit der zukunftsfähigen Stadt von Morgen zu tun haben.


Beim Begriff „soziales Netzwerk“ denkt man wahrscheinlich zunächst an die bekannten online-Plattformen wie Twitter, Facebook und Instagram. Aber im echten Leben existieren soziale Netzwerke schon viel länger, auch wenn der Begriff erst Jahre später geprägt wurde. Bereits die Geschichte hat gezeigt: alleine hätte der Mensch nicht so lange überlebt.

Wir sind also sozial vernetzt. Das bedeutet, es bestehen Verbindungen zwischen Menschen, durch die eine zwischenmenschliche Interaktion stattfindet, oder stattgefunden hat. Soziale Interaktionen haben besondere Funktionen: materielle, instrumentelle oder emotionale Unterstützung, oder auch das Teilen von gemeinsamen Interessen oder Meinungen.

Merkmale sozialer Netzwerke

Im Gesamten meist unsichtbar, sind soziale Netzwerke dennoch real. Mal größer, mal kleiner – tiefergehend oder oberflächlich, langanhaltend oder kurzweilig. Zudem sind sie immer in gesellschaftliche Kontexte eingebunden. Beispiele dafür wären Familien oder Freunde, Schulklassen, Nachbarschaften oder ein Verein. Bildlich kann man sich das soziale Netz anhand einzelner Personen vorstellen, die als Knotenpunkte dienen und die durch zwischenmenschliche Beziehungen miteinander verknüpft werden. So sind – über ein paar Ecken – viele Menschen miteinander verbunden, weil sie irgendwann einmal etwas miteinander geteilt haben, oder noch teilen – Gespräche, Freundschaft, Interesse, Zeit, Emotionen und vieles mehr.

In unserer Gesellschaft gibt es große Unterschiede in der Größe des sozialen Netzwerks, damit ist die Anzahl an vernetzten Personen gemeint und der Qualität, das heißt dem prosozialen Zusammenhalt in den Beziehungen. Forschung, mit dem Schwerpunkt auf engen Sozialkontakten, belegt positive Wirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden. Ein enges und gutes Verhältnis zu Freund*innen und Familie macht gesund und glücklich. Flüchtige Kontakte und lockere Bekanntschaften können ebenfalls hilfreich sein. Bei der Jobsuche, zum Beispiel, können viele lockere Bekanntschaften wichtiger sein als einzelne nahe Bezugspersonen. Aus diesem Grund deuten neuere Forschungsergebnisse in die Richtung, dass möglichst diverse Arten von Beziehungen, ausschlaggebend für das Wohlergehen und ein positives „soziales Portfolio“ sind (Collins et al., 2022).

Die Anonymität der Großstadt

Fremde im öffentlichen Raum

Größere Städte sind Industrie- und Handelsknotenpunkte und gleichzeitig soziale Zentren. Es herrscht auf der einen Seite die bekannte Anonymität der Großstadt und auf der anderen Seite haben Menschen in urbanen Räumen ebenfalls ein starkes Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Dieses kommt in städtischen Regionen jedoch auf andere Art zum Tragen als auf dem Land.
In der Stadt Leben so viele Menschen, eine Beziehung zu allen Nachbarn im gleichen Wohnhaus aufzubauen, ist relativ unwahrscheinlich. Ein enges Verhältnis kann nur zu ausgewählten Personen aufgebaut werden. Das bringt allerdings auch Vorteile mit sich. In Städten ist es einfacher Gleichgesinnte zu finden, als in ländlichen Gebieten, weil mehr Menschen mit ähnlichen Interessen vertreten sind und es vielseitige, attraktive Angebote zum Mitmachen gibt. Sogenannte „Außenseiter“ können hier eine geeignete Gruppe und Anschluss finden. Schon Small-Talk kann hilfreiche Informationen über das Gegenüber liefern, neue Blickwinkel bieten und wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus.
Trotzdem sind Einsamkeit und soziale Ungleichheit wichtige Herausforderungen, die von Seiten der Gesellschaft und Politik angegangen werden müssen, dazu braucht es eine gute Strategie.

Wie flechtet man ein soziales Netz?

Eine Stadt besteht aus den Menschen, die in ihr wohnen, arbeiten oder hier ihre Freizeit verbringen. Das soziale Gefüge besteht aus vielen Einzelteilen, in denen alle Gruppen abgebildet sind. Die STADTpsychologie betrachtet Städte als selbständige Wesen mit einem eigenen Charakter. Wir sehen es als unsere Aufgabe, eine Schnittstelle zwischen unterschiedlichen Akteur*innen zu bilden. Nur so können alle an einem Strang ziehen und die Stadt kann sich als funktionierende Einheit weiterentwickeln.
In einer gesunden, demokratischen Stadt sollte sich jede und jeder beteiligen können, sich die Stadt aneignen und für die Bedürfnisse, die für die Allgemeinheit förderlich sind, einstehen können. Starke soziale Netzwerke helfen dabei, diese Basis zu schaffen. Sie sind Motivatoren, Multiplikatoren und eine Ansammlung an Expert*innen-Wissen für das Leben in Gemeinschaft, das genutzt werden kann und sollte. Damit soziale Herausforderungen gelingen, müssen soziale Netzwerke gezielt gefördert werden.

Praxisbeispiel LiDo

LiDo-Teilnehmer*innen beim gemeinsamen Spaziergang in Essling

Fußgeher*innen haben es oft schwerer als andere Verkehrsteilnehmer*innen, da es für sie noch keine starke Lobby gibt, die ihre Interessen gegenüber der Politik vertritt. Zusammen mit der Mobilitätsagentur verbessern wir daher in LiDo (Links der Donau), mit Hilfe eines sozialen Netzwerkes, das zu Fuß-Gehen und die Fußgeh-Infrastruktur in Floridsdorf und Donaustadt. Hierfür wurde für das Projekt LiDo geht, zunächst der Ist-Stand mittels qualitativer Verfahren erhoben. Für langfristige Verbesserungen reicht es nicht aus Daten zu erheben, diese zu verarbeiten und planerische Gestaltungsmaßnahmen einzuleiten. Die Bevölkerung muss über die Veränderungen informiert werden, sie sollen die Möglichkeit bekommen selbst an den Veränderungen mitwirken zu können. Die Aktivierung Einzelner war ein wichtiger Schritt und das Vernetzen folgte als einzig mögliche Konsequenz, damit die Projekt-Ziele erreicht werden und sich eine dauerhafte Verbesserung zeigt.
Aus diesem Grund war ein Schwerpunkt des LiDo-Projektes, der Aufbau eines LiDo-Netzwerkes. Interessierte konnten zusammenkommen, sich austauschen und die Stadt gemeinsam verbessern. Das dadurch entstandene soziale Netzwerk und die vielen neuen sozialen Verbindungen haben das Potenzial den Rahmen des Projektes zu überdauern und sich somit noch in vielen Jahren positiv auf die Stadt auszuwirken.

„Damit eine Stadt ihre vielfältigen sozialen Herausforderungen bewältigen kann, müssen Stadtverantwortliche und Entscheidungsträger*innen verstehen, wie der öffentliche Raum seine Bewohner*innen mitsamt ihren Bedürfnissen beeinflusst.“ Cornelia Ehmayer-Rosinak

Grätzl-Zentrum als sozialer Treffpunkt

Es bedarf Strategien, die diese Bedürfnisse befriedigen und die das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bürger*innen erhalten und fördern. Der öffentliche Raum bietet Platz, um soziale Begegnungen zu schaffen und Zugehörigkeit zu ermöglichen. Resiliente Städte, die das Wohlbefinden ihrer Bewohner*innen fördern, müssen somit auch Gelegenheiten bieten, bei denen sich Menschen auf informelle Weise begegnen können. Mit etwas Geschick, oder Know-How, lassen sie sich motivieren an der Stadtentwicklung mitzuwirken.

In Wien gibt es bereits erfolgreiche Angebote, die soziale Netzwerke stärken. Beispiele dafür sind die Lokale Agenda 21 oder die Nachbarschaftsgärten z.B. von der Gebietsbetreuung.
 
Netzwerke als gesellschaftliche Ressourcen

Es gibt Menschen, die besonders gut vernetzt sind und solche, die es nicht sind. Eines ist jedenfalls sicher: schwer erreichbare Menschen, die noch nicht gut vernetzt sind, sind soziale und gesellschaftliche Ressourcen, die nicht abgerufen werden. Sich Gedanken zu machen, welche Menschen nicht so gut eingebunden sind und wie man diese erreicht, stellt eine große Herausforderung in der partizipativen Stadtentwicklung und anderen Bereichen dar. Nicht nur im Hinblick auf deren individuelle Gesundheit und Wohlbefinden, sondern auch, um sie in Beteiligungsprozesse einzubinden, ist diese Auseinandersetzung notwendig und eine lohnende Aufgabe. Nur so kann eine Stadt krisenfest und zukunftsfähig werden

Fotos: ©STADTpsychologie, ©Jacek Dylag

Literatur

  • Ehmayer, C. (2014): Die Aktivierende Stadtdiagnose als eine besondere Form der Organisationsdiagnose: Ein umwelt- und gemeindepsychologischer Beitrag für eine nachhaltige Stadt- und Gemeindeentwicklung. Hamburg: disserta
  • Collins, H. K., Hagerty, S. F., Quoidbach, J., Norton, M. I. & Brooks, A. W. (2022). Relational diversity in social portfolios predicts well-being. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 119(43). https://doi.org/10.1073/pnas.2120668119

Weiterführende Links

  • Alle Infos zum LiDo-Projekt gibt es hier 
  • Mehr Infos zu Nachbarschaftsgärten bei der GB*
  • Öffentlichen Raum mitgestalten können Sie bei der Lokalen Agenda 21 

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