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Hitze und Lärm – eine zunehmende Herausforderung für die Stadtgesellschaft

Der Juli neigt sich seinem Ende zu und noch immer sagt die Wetterprognose: „schwül und gewitteranfällig“. Höchstwerte: 23 bis 31 Grad. Die Hitze zieht die Menschen nach draußen, in Innenhöfe, Parks, Cafés und Bars. Warum das auch ohne Corona schon eine Herausforderung für das friedliche Zusammenleben sein kann, erklärt die STADTpsychologie.

Wärme steigert das Wohlbefinden, Hitze lässt es wieder sinken

Im Sommer verbringen die Menschen ihre Zeit gerne in Freien, was sich positiv auf Gesundheit und Psyche auswirkt. Der Besuch grüner Parks steigert das Wohlbefinden und Sonnenlicht füllt den Vitamin-D-Bedarf. Doch wird es zu heiß, sinkt das Wohlbefinden, weil die körpereigenen Reaktionen auf Hitze, z.B. erhöhte Durchblutung und gesteigerter Energieverbrauch zu Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder verringerte Konzentration (Cramer & Jay, 2016) führen können. Wenn sich die Stadt tagsüber stark aufheizt und es auch Nachts nicht genug abkühlt, wird es für die Bewohnerinnen und Bewohner schwierig, sich von den hohen Temperaturen zu erholen (Kravchenko et al., 2013). Gereiztheit ist die Folge. Kommen dann noch beruflicher oder privater Stress hinzu, kann es zu aggressivem Verhalten kommen.

Lärmbelästigung und Lärmquellen

Knapp 40% der Österreicher*innen fühlen sich in ihrer Wohnung durch Lärm belästigt, davon 4% sehr stark, 7% stark und 13% mittelmäßig. Die am stärksten betroffene Altersgruppe sind 30 bis 40-jährige. Große Unterschiede gibt es zwischen ländlichen Gebieten und Ballungszentren, wie Wien, wo der Lärm am stärksten wahrgenommen wird. Verkehrslärm hat, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, die schwerwiegendsten Auswirkungen auf die Gesundheit. Laut WHO birgt Verkehrslärm mit die größten, umweltbedingten Gefahren für die Gesundheit und das Wohlbefinden (Hutter & Mooshammer, 2018). Als Folge können Schlafstörungen, Konzentrationsschwächen, Stress, Bluthochdruck oder erhöhtes Herzinfarkt-Risiko eintreten. Laut einer Umwelt-Studie des Mikrozensus von 2015, ist von 2003 bis 2007 die Lärmbelästigung gestiegen, in den Jahren 2007 bis 2015 blieb sie aber auf dem gleichen Niveau. Da der Verkehr, insgesamt in Österreich in den letzten Jahren, zurückgegangen ist (Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie,Mobilität, Innovation und Technologie, 2021), ist 2015 erstmals, nicht der Straßenverkehr die Hauptquelle der Lärmstörung, sondern andere Lärmquellen wie Baustellen, Nachbarwohnungen und Lokale (Baud & Milota, 2017).

Für die einen Ärger, für die anderen Spaß

Nicht alles Laute wird als Lärm empfunden, denn die Wahrnehmung von Geräuschen ist bei den Menschen sehr unterschiedlich. Neben Lautstärke sind auch andere Faktoren wichtig, wie z.B. Frequenz, Tonhöhe oder auch die Uhrzeit, wann der Lärm stattfindet. Während die einen eine Vorliebe für laute Musik haben, reagieren andere schon bei geringerer Geräuschkulisse empfindlich. Krach in der Nachbarschaft gibt es meistens dann, wenn die Luft aufgeheizt, Fenster geöffnet und das Draußen belebt wird, z.B. durch spielende Kinder im Innenhof oder umliegende Lokale. Während es die einen auf die Straßen zieht, wollen die anderen ihre Ruhe. Es kommt zum Konflikt, weil die Leute gegensätzliche Bedürfnisse haben.

Was tun, wenn es zu laut wird?

Beim Verkehrslärm hilft vielleicht eine Beschwerde bei den politisch Verantwortlichen und bei der Polizei, da das Verkehrsrecht bundesweit geregelt ist. Ein zu schnell fahrendes lautes Auto lässt sich auch nicht so einfach stoppen. Als einzelne Person können Sie sich einer Initiative anschließen, die sich für mehr nachhaltige und ruhigeres Mobilitätsverhalten einsetzt, wie beispielsweise „Platz für Wien“.

Lärmende Nachbarn: Hier kommt es darauf an, ob und wie gut man einander kennt, denn für eine einzelne Person ist es nicht einfach, unbekannte lärmende Menschen anzusprechen. In mehreren Städten gibt es im öffentlichen Raum „Awarness-Teams“ – sozialarbeiterisch ausgebildete Personen, die bei Lärmkonflikten vermitteln. In Wien kamen diese zum Einsatz als ein Konflikt am Karlsplatz eskalierte, wo sich viele junge Menschen trafen, feierten und die Polizei auf das Einhalten der Corona-Vorgaben drängte.

Natürlich gibt es auch die individuelle Toleranz und sich denken „es geht wieder vorbei“, wenn im Umfeld gefeiert oder gelärmt wird. Diese funktioniert bei einem singulären Lärmereignis am besten. Bei sich wiederholendem Lärm wird es natürlich schwierig, tolerant zu bleiben. Aber es gibt psychologische Trainings die Menschen helfen, damit nicht jede Lärmstörung zu überhöhtem Stress führt. Diese sind dann zu empfehlen, wenn es absehbar ist, dass sich das Lärmereignis nicht ändern lässt und man quasi „damit leben muss“.

Eine Lösung für alles gibt es trotzdem nicht.

Was aber hilft sind Grundwerte wie Toleranz und Rücksichtnahme, um das friedliche Zusammenleben zu erhalten. Und natürlich funktionierende Nachbarschaften. Durch nachbarschaftliche Kommunikation können Konflikte, auch ohne Polizei und Rechtsstreit, geregelt werden. Gleichzeitig kommt man miteinander in Kontakt und lernt sich kennen, das verbessert das nachbarschaftliche Klima. Mit zunehmender Hitze wird es wohl in den Städten mehr Sozialarbeiter im öffentlichen Raum benötigen, da davon auszugehen ist, dass die Konflikte nicht kleiner werden und die Menschen, nicht alle Konflikte selbst werden lösen können.

Absehbar ist jetzt schon: dort wo sich die Menschen fremd sind und Intoleranz herrscht, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Konflikte eskalieren. Grätzel mit eher dörflichem Charakter, wo sich die Leute zu Fuß oder mit dem Rad fortbewegen, wo man einander zumindest von sehen kennt, und es einfacher ist miteinander in Gespräch zu kommen, werden besser durch die Klimakrise kommen.

Literatur:

  • Awarness-Teams: http://samt-sonders.de/awareness-team/
  • Baud, S., & Milota, E. (2017). Umweltbedingungen, Umweltverhalten 2015. Ergebnisse des Mikrozensus. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 206.
  • Cramer M.N., Jay O. (2016). Biophysical aspects of human thermoregulation during heat stress. Auton Neurosci. 2016 Apr;196:3-13. doi: 10.1016/j.autneu.2016.03.001.
  • Hutter, H.-P., Mooshammer, H. (2018). WHO Environmental Noise Guidelines 2018. Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, 36.
  • Kravchenko J., Abernethy A.P., Fawzy M., Lyerly H.K. Minimization of heatwave morbidity and mortality. Am J Prev Med. 2013 Mar;44(3):274-82. doi: 10.1016/j.amepre.2012.11.015.
  • Initiative Platz für Wien: https://platzfuer.wien
  • die PRESSE: https://www.diepresse.com/5990813/nach-platzverbot-am-karlsplatz-stadt-schickt-partyaufpasser
  • Statistik Straße und Verkehr. (2021). Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie,Mobilität, Innovation und Technologie, 45

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