Allgemein,  BLOG

Fiaker reloaded – Das Ende für einen Berufsstand?

Fiaker stehen für die „gute, alte Kaiserzeit“ und sind eine Einnahmequelle für Unternehmen, die auf Tourismus basiert. Doch hat der Berufsstand seit langem Schwierigkeiten, die seine Daseins-Berechtigung in Frage stellen. Image-Probleme, Konkurrenzkampf und nicht ordnungsgemäße Tierhaltung leiten die Debatte. Das hat STADTpsychologie bereits 2010 erforscht. Ob der Berufsstand weiter bleiben soll, wurde noch immer nicht abschließend geklärt. 


Die Fiaker: ein Symbol für das alte Wien

Die Fiaker sind ein Symbol für das alte Wien, genauer gesagt für die ‚gute alte Kaiserzeit’, und dieses Bild des altkaiserlichen Wiens lässt sich als Werbeträger nach wie vor gut vermarkten. Doch Geruchsbelästigung, Tierhaltung und schlechtes Klima werfen immer wieder die Frage auf, ob der Berufsstand weiter bestehen bleiben soll.

Was ist typisch Fiaker?

Aus unseren Forschungen aus 2010 geht hervor, dass DER Wiener Fiaker sowohl Kutsche als auch Mensch ist. Er wird von Fiakern selbst beschrieben als: Mit Melone, Anzughose, Gilet, Krawatte oder Mascherl und Uhrenkette ist der typische Fiaker ausgestattet. Schmäh muss er haben und Wienerisch reden und auch schimpfen. Im Auftreten ist er resolut, lässt sich nichts gefallen, bleibt aber zu den Gästen immer höflich. Obendrein sollt’ er ein Mann sein und aus Wien kommen.

 

Ob Fiaker ihren Platz im „Wesen Wien“ behalten wird sich noch zeigen. Vielleicht werden sie sich auch, erneut anpassen müssen.

Eine Touristenattraktion trotz Image-Problem

Heute gibt es auch wenige Frauen unter den Fiakern. Dass die Fiaker:innen heute hauptsächlich eine Touristenattraktion und Einnahmequelle für weitere Unternehmen, wie Restaurants und Hotels, in der Stadt sind, ist bekannt. Doch herrscht unter den Fiaker:innen neben einem rauen Umgang auch ein nicht unbeachtlicher Konkurrenzkampf für den, wie uns viele damals schon berichteten, die Fiaker eindeutig mitverantwortlich sind. Die Fiaker:innen haben zudem mit Vorwürfen eines schlechten Umgangs und der nicht ordnungsgemäßen Haltung der Tiere zu kämpfen. Die Konkurrenzsituation zwischen den Anbietern schafft einen ökonomischen Druck, der dazu führt, dass manche Tiere nicht so gut behandelt werden, wie es eigentlich erforderlich wäre. Wenn die ungenügende Behandlung der Pferde öffentlich sichtbar wird, ist das besonders prekär, weil sich das bereits stark ausgeprägte Mitleid mit den Pferden noch weiter erhöht. So ist es nicht verwunderlich und leicht nachvollziehbar, dass in der öffentlichen Diskussion um die Fiaker der gesamte Berufsstand immer wieder infrage gestellt wird. Die Fiaker haben in dieser Debatte eindeutig die schwächere Position, weil das Umfeld wenig Sympathien für sie empfindet und daher kaum jemand für sie eintreten möchte.

Trotz all der Vorwürfe sprechen sich viele Fiaker:innen für strengere Kontrollen bezüglich des Tierschutzes aus. Damit wollen sie den Vorwürfen der Tierquälerei entgegentreten. Eine, von der Öffentlichkeit wahrgenommene, artgerechte Pferdehaltung, könnte zu einer Wiederherstellung eines positiven Images führen, zumindest was die Tierhaltung betrifft. Derzeit sind die Pferde-Einsätze auf 18 Tage im Monat beschränkt und für Temperaturen von 35 Grad Celsius in der Stadt wurde ein „Hitzefrei“ eingeführt. Dann werden nicht nur die Tiere geschont, sondern auch die Besucher:innen und Anrainer:innen, deren Geruchssinn sich dann wieder erholen kann. Allerdings sind aktuell die Schreie nach einer Fahr-Pause ab 30 Grad groß und auch die Einstellung einiger Menschen, dass Pferde generell nicht in eine Stadt gehören, wird verstärkt sichtbar.

 

„Fiaker“- Vergleich mit anderen Städten

Wien ist nicht die einzige österreichische Stadt mit einer Fiaker-Kultur, auch in Salzburg und Innsbruck sind die Kutschen zu finden. Im weltweiten Vergleich führten die hiesigen Diskussionen jedenfalls in einigen Städten zu einem Verbot der Fiaker. So wurden in Barcelona Pferdekutschen bereits 2018 verabschiedet und auch die traditionellen „botticelle“ in Rom wurden seit 2020 von den Straßen verbannt. Die schwerwiegendsten Gründe waren das Wohl der Tiere und die Belastung der öffentlichen Straßen. Doch komplett wollte man nicht auf die Kutschen verzichten, darum werden Kutschfahrten immer noch in ausgewählten Parks angeboten. Eine Alternative die ebenfalls Teil der Diskussion ist, sind elektro-betriebene Kutschen.

Das Wesen des Tourismus – heute im Wandel

Eine Stadt steht niemals still. Sie verändert sich stets und passt sich konstant an. Die Corona-Pandemie hat hierbei einige Veränderungen beschleunigt oder sogar ausgelöst, vor allem für die Tourismusbranche. Diese hat nun schon seit einiger Zeit mit Schwierigkeiten und Ertragsausfällen zu kämpfen. Wirtschaftliche Herausforderungen sind jedoch nicht das Einzige was diesen Wandel vorantreibt, die Einstellungen der Bevölkerung spielen hierbei ebenfalls eine signifikante Rolle. Stimmen für Klimaschutz werden lauter, auch bei Urlaubern, darum liegen beispielsweise Zug- und Fahrradreisen aktuell zunehmend im Trend.

Bereits in der Umfrage von STADTpsychologie, 2010, waren viele Fiaker:innen skeptisch, ob sie ihren Beruf in 20 Jahren noch ausüben können. Angesichts der Lage in anderen Städten und sich zuspitzenden Debatte, wirkt die Lage in Wien heute nicht optimistischer als damals. Klar ist jedoch, dass das Aus der Berufsgruppe nicht alleinig von der wirtschaftlichen Lage abhängt. Ob Fiaker zukünftig ihren Platz im „Wesen Wien“ behalten, oder aus dem öffentlichen Raum verschwinden werden, wird sich wohl noch zeigen. Vielleicht werden sie sich auch, erneut anpassen müssen.

Weiterführende Links:

Quellen:

 Fotos: ©STADTpsychologie; Titelfoto: ©Pixabay

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert