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Energie Transformation am Beispiel des Cottage Viertels

Historische Bauwerke prägen oft das Wesen eines Ortes oder eines Stadtteils und machen ihren speziellen Charme aus. Herausfordernd wird es jedoch, wenn es darum geht, historische Bauwerke zu erhalten. Oft braucht es kostspielige und individuelle Lösungen, welche für Hausbesitzer*innen und Mieter*innen nicht nur bauliche, sondern auch ökonomische Herausforderungen darstellen. Anhand des Beispiels Cottage-Viertel wird in einem neuen Forschungsprojekt nun versucht, seriell anwendbare Lösungen zu entwickeln, die über das Viertel hinaus auch für typisch historische Ein- und Mehrfamilienhäuser anwendbar sein sollen. Die STADTpsychologie übernimmt dabei den psychologischen Blickwinkel der FFG-Studie und analysiert dabei Suffizienz im Kontext von Community und Umbau.

Das Cottage Viertel

Das Cottage Viertel ist ein historisches Villenquartier in den Wiener Bezirken Währing und Döbling. Es umfasst 620 Gebäude, in denen rund 6.000 Menschen leben. Im Cottage Viertel herrscht ein Mix aus unterschiedlichsten Gebäudenutzungen, neben Wohngebäuden finden sich bspw. auch mehrere Botschaften, Büros, Arztpraxen und sogar eine Sternwarte. Der Stadtteil zählt zu den nobelsten Wiens, ist als Schutzzone ausgewiesen und einige Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

Die ältesten Gebäude stammen aus den 1870er Jahren und die Wärmeversorgung des Viertels erfolgt großteils mit Gas, was typisch für solch historische Bestandsbauten ist. Ein Umstieg auf Fernwärme ist aufgrund des derzeit fehlenden Fernwärmenetzes nicht möglich.

Energietransformation durch Community-Building

Um die Klimaziele zu erreichen und die Energiewende zu meistern, stehen die Eigentümer*innen vor der Herausforderung, den Gebäudebestand, trotz fehlender Fernwärme, auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Technische Quartierlösungen sind grundsätzlich, in Formen wie beispielsweise Anergienetzen, bereits vorhanden, doch das Umsetzen von quartiersübergreifenden Maßnahmen erfordert auch das soziale Zusammenspiel der Eigentümer*innen, was eine sehr komplexe Aufgabe darstellen kann. Auch der organisatorische und zeitliche Aufwand einer Sanierung sind oft abschreckend. Es bedarf also einer psychologischen Betrachtung, wobei die Motive, Hemmnisse, Trigger, Bedürfnisse und Anreize der Eigentümer*innen in Bezug auf die Umstellung auf erneuerbare Systeme erhoben und nach qualitativen Standards ausgewertet und vertieft werden. Somit kann zukünftig das Vorgehen bei ähnlichen Projekten standardisiert und der Umstieg auf erneuerbare Systeme beschleunigt werden. Schlussendlich wird auch die Übertragbarkeit auf andere Gebiete angestrebt.

Vom Individuum zur Gemeinschaft

Bei dem Konzept der Suffizienz geht es (anders als bei der Optimierung technischer Effizienz) darum, Ressourcen durch Änderungen im Verhalten und Lebensstil zu schonen und gleichzeitig eine hohe Lebensqualität zu erhalten. Um dies zu bewirken ist es meist erforderlich, auch individuelle Verhaltensmuster zu ändern. So bringt, beispielsweise, bereits eine minimale Senkung der Raumtemperatur positive Effekte für den Energiebedarf eines Hauses und benötigt gleichzeitig nur einen geringen Aufwand und eine minimale Komforteinschränkungen.

Das Verhalten einzelner Individuen kann sich über Mechanismen, wie das Early Adopter Prinzip, im Laufe der Zeit auch auf eine gesamte Gemeinschaft auswirken. Early Adopter sind aufgrund ihrer sozialen Verbindungen wichtige Vorbilder und können Innovationen zu größerer Akzeptanz verhelfen und deren Verbreitung begünstigen. Die Bewohner*innen der Gebäude im Cottage Viertel können aufgrund ihrer Integration in lokale soziale Systeme, innovative Ideen nutzen, ins alltägliche Leben übernehmen und so Trends setzen.

Individuen und Gemeinschaft sind durch den Raum auf komplizierte Weise miteinander verschränkt und selbst der private Wohnraum ist oft bereits ein soziales Thema. Wohnungen sind stark Alter- und Geschlechterspezifische Räume, die durch Normen und Erwartungshaltungen geprägt werden. Diese wirken sich schlussendlich auf das Nutzer*innenverhalten bzw. die Akzeptanz von innovativen Lösungen aus. Durch den angestrebten Community-Building-Ansatz werden möglichst alle Menschen und ihre Diversität gleichermaßen eingebunden.

Die Rolle der STADTpsychologie

Basierend auf dem psychologischen Ansatz des Community Building in Kombination mit den theoretischen Konzepten der Umweltpsychologie sollen neue Erkenntnisse in Bezug auf rascheres Umsetzungshandeln gewonnen werden. Eine psychologische Betrachtung unterschiedlicher Gruppen soll deren Motivation und Bedürfnisse analysieren und eine Kommunikationsstrategie für die Vorteile von gemeinschaftlichen Lösungen wird entwickelt. Durch Community Building soll nicht nur die soziale Nachhaltigkeit im Quartiergestärkt werden, sondern auch die Vorteile einer gemeinsamen Sanierungsumsetzung erreicht werden.


Auftraggeber:
FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft)

https://projekte.ffg.at/projekt/5124579

Leistungszeitraum: 07.2024 – 06.2025

Projektpartner:

Fotos: © STADTpsychologie

 

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